Wege in die IT #4: Ulrike Weißhaar

Noch nie war es so einfach, auch aus ungewöhnlicheren Biographien und mit einem fachfremden Studium quer in die IT einzusteigen. Im Kontext der Veranstaltung „IT’s HerStory: Wege in die IT“ des IT-Verbandes Mainfranken haben wir unsere Mitarbeiterinnen gefragt, wie sie die IT-Branche aus weiblicher Sicht erleben.

Nach Claudia Walter, Laura Köpl und Meike Nedwidek haben wir unsere Kollegin Ulrike Weißhaar danach gefragt. Ulrike ist erst vor relativer kurzer Zeit von einer Position im Familienunternehmen zu unserem Team gestoßen und bringt einige Erfahrungen zum Thema Frauen und Arbeitswelt mit. 

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Noch nie war es so einfach, auch aus ungewöhnlicheren Biographien und mit einem fachfremden Studium quer in die IT einzusteigen. Im Kontext der Veranstaltung „IT’s HerStory: Wege in die IT“ des IT-Verbandes Mainfranken haben wir unsere Mitarbeiterinnen gefragt, wie sie die IT-Branche aus weiblicher Sicht erleben.

Nach Claudia Walter, Laura Köpl und Meike Nedwidek haben wir unsere Kollegin Ulrike Weißhaar danach gefragt. Ulrike ist erst vor relativer kurzer Zeit von einer Position im Familienunternehmen zu unserem Team gestoßen und bringt einige Erfahrungen zum Thema Frauen und Arbeitswelt mit. 

 

 

Wer bist du und was machst du bei K&K?

Ich bin Ulrike Weißhaar und bin seit Mitte März letzten Jahres Scrum-Masterin bei K&K Software. Neben Scum habe ich gerade noch ein paar Nebenbaustellen, wie Vertrieb und Consulting, und bekomme so auch einen breiten Blick ins Unternehmen.

Was hast du ursprünglich gemacht?

Ganz ursprünglich habe ich in Baden-Württenberg Jugend- und Heimerziehung gelernt. Nach dem Abschluss bin ich aber in das Familienunternehmen in der Lebensmittelindustrie eingestiegen. Dort habe ich ganz viel gemacht, beispielsweise Assistenz des Betriebsleiters, Einkauf, aber auch die Einführung eines ERP-System, ich saß also auch schon auf der anderen Seite. Am Ende war ich dann Geschäftsführende Gesellschafterin. Nach dem Verkauf des Unternehmens bin ich zu K&K Software gegangen.

Wenn man also den Bogen zur IT schlägt, bin ich nicht besonders computeraffin. Ich hatte aber auch nie den Druck, es zu sein, da man in der leitenden Funktion auch immer Leute hatte, die einem im Zweifel unter die Arme greifen konnten. Ich bin also keine Computerexpertin, und das hat mich auch überlegen lassen, ob ich in der IT-Branche überhaupt gut aufgehoben bin.

Die Stellenanzeige war dann aber für mich extrem interessant, vor allem, da sie eine Menge soziale Aspekte hatte: Organisation, Teamarbeit, ein Miteinander… das hat mich vor allem angesprochen! Daher bin ich bei K&K Software auch genau richtig gelandet. (lacht)

Unterscheiden sich Lebensmittel- und IT-Branche voneinander?

Ja, auf jeden Fall. Zum einen ist die IT-Branche viel abstrakter, was sich auch bei den Kundengesprächen widerspiegelt. Während man bei der Lebensmittelbranche direkt etwas ausliefert, ist es in der IT viel schwerer, Kunden zu erklären, wie viel Arbeit im Produkt steckt, da für den Laien einfach Vieles, wie z.B. der Code, im Verborgenen bleibt.

Interessant sind auch die Unterschiede in der Geschlechterverteilung. Hier hat sich das Verhältnis aus Männern und Frauen gegenüber der Lebensmittelbranche glatt umgedreht. Dort waren es 75% Frauen, und hier sind es 75% Männer. Aber das ist für mich gar nicht schlimm. Gerade, wenn man aus einer Führungsposition kommt, ist man es gewohnt, dass Männer um einen herum sind.

Das ist sehr interessant, dazu muss ich gleich etwas nachhaken. Aber vorher ganz kurz: Hast du eine Weiterbildung im Bereich IT gemacht oder bist du quer eingestiegen?

Ich wusste vor meinem Einstieg gar nichts über Scrum. Aber ich habe schnell gemerkt, dass das was für mich ist. Ich habe dann angefangen, mich in agiles Arbeiten einzulesen, und habe Podcasts gehört. Mich hat sehr fasziniert, wie sehr sich die Arbeitsweise von dem, was ich bisher kannte, unterscheidet. Manchmal ist man in seinem eigenen Stil ja sehr eingefahren, beim Scrum wurde ich aber gezwungen, mich in etwas ganz Neues einzuarbeiten. Das fand und finde ich sehr spannend.

Funktioniert das ganze auch umgekehrt? Du hast jetzt viel darüber erzählt, was K&K für dich und deine Karriereentwicklung gemacht hat, ich bin mir aber sicher, du bereicherst die Firma auch ganz enorm.

Ja, und ich finde es auch sehr toll, wie offen ich hier aufgenommen wurde. Ich schäme mich nicht, wenn ich Fragen stelle oder etwas nicht weiß. Das geht auch in beide Richtungen. Zum Beispiel hier im Team: Da kommen Laura oder Bernhard auch auf mich zu und fragen: „Uli, wie hast du das denn früher gemacht?“ Ich finde es ganz toll, dass ich da meine Erfahrungen aus meinen bisherigen Jobs einbringen kann. Dass das auch wertgeschätzt und abgerufen wird.

 

 

Die Glasdecke ist eine Metapher für Geschlechterungleichheit. (Ruth Hartnup / CC BY 2.0 Deed)

 

Kommen wir nochmal auf das Thema Frauen in der IT zu sprechen. Bist du im Laufe deiner Karriere, vor der IT oder auch in der IT, auf Widerstände gestoßen, denen Männer normalerweise nicht begegnen?

Vieles ist mir erst im Nachhinein bewusst geworden. Ich bin eigentlich nie auf ganz offensichtliche Sachen gestoßen, sowas wie „Frauen können sowas nicht“. Mir wurden immer auch alle Türen offen gehalten. Natürlich war es auch eine besondere Position, gerade im Familienunternehmen, so als “Tochter vom Chef”. Aber ich habe schon den Eindruck, dass ich an mich selbst sehr hohe Anforderungen gestellt habe, um in dieser Männerwelt mit geradem Rücken und erhobenen Hauptes bestehen zu können.

Es war also eher subtiler, unterschwellig. Etwas, das mir das Gefühl gegeben hat, ich müsse da immer etwas extra machen, und mich zu beweisen – immer 110% geben. Aber seitdem ich nicht mehr in einer Leitungsposition bin, nehme ich immer mehr wahr, wie viele Frauen denken, dass sie sich überall mehr durchsetzen müssen, um sich stärker zu positionieren.

Wenn ich mit Frauen arbeite, dann funktioniert das immer super, nur manchmal gibt es ein bisschen rumgezicke. Bei Männern ist man ganz schnell bei einem Profilierungs- und Überbietungswettbewerb, die müssen sich sofort die Hörner abstoßen. Als Führungskraft habe ich auch schnell gemerkt, dass Männer viel schneller mehr Geld wollten, während ich bei den Frauen im Normalfall das Thema Gehalt selbst aktiv zur Sprache bringen musste.  

Ich glaube also, gesamtgesellschaftlich gesehen, dass es viele Frauen gibt, die sich unter den Scheffel stellen.

Du sagst also, die Ursache für den Paygap liegt auch darin, dass viele Frauen sagen: „Ich darf nicht zu laut sein“ und dann zu wenige Forderungen stellen?

Ja, und weil sie sich selbst eben unter den Scheffel stellen und glauben, es wäre schon alles richtig so. Das bedeutet auch, dass sie denken, dass sie für mehr Geld eigentlich noch mehr als 110% geben müssten. Klar: Es gibt immer Ausnahmen, aber in der großen Breite ist das so. Mir ist das auch passiert. Die Männer standen immer da und sagten: „Ich brauche mehr Geld!“ und die Frauen blieben halt weg. Und dann guckt man irgendwann auf die Gehälter und stellt fest, dass da etwas nicht mehr stimmt. Ich will den Frauen hier auf gar keinen Fall, die Schuld am Paygap geben, dass das so ist…, sondern darauf aufmerksam machen, dass sie hier durchaus selbstbewusster und fordernder auftreten dürfen.

...klar, das sind ja auch größere Dynamiken, die da von der Gesellschaft her auf das Verhalten der einzelnen koppeln.

Genau!

Ich fand es interessant, wie du von ähnlichen Erfahrungen in der IT und in den Führungsriegen von Unternehmen berichtet hast. Hast du das Gefühl, dass man gerade im Prozess ist, verstärkt über diese Männerdominanz nachzudenken?

Das Ding ist: Ich bin kein Fan der Quotenfrau. Ich finde, mittlerweile kippt das ganze fast ein wenig. Klar müssen wir einerseits Dingen wie Kindererziehung gerecht werden (im Hinsicht auf die Berufserfahrung). Dieses Gap besteht. Aber ich tue mir schwer zu verstehen, warum z.B. eine Frau, die ihr Leben lang studiert und gearbeitet hat, unbedingt eine Position über einem Mann bekommen muss, der genau die gleichen Herausforderungen in seinem Leben gemeistert hat, nur um eine Quote zu erfüllen

Darum tue ich mir schwer, die Frage jetzt allzu rigoros zu beantworten. Ich denke, es ist auch wichtig beim Thema Männer umzudenken. Zum Beispiel normalisieren, dass auch mal der Mann zuhause bleibt, und akzeptieren, dass es auch Hausmänner gibt. Das sind die Stellschrauben, an denen ich ansetzen würde. Da muss Gleichheit herrschen, und dann sollte sich auch die andere Gleichheit eigentlich automatisch ergeben.

Und das alte Mindset, von wegen „das kann eine Frau nicht machen“, das gibt es auch umgekehrt. In der Produktion, zum Beispiel, hatten wir viele Frauen, die sagten: „Da kann man keinen Mann hinstellen.“

In welchem Kontext?

Insbesondere bei Tätigkeiten für die man ganz viel Fingerspitzengefühl braucht. Und ich denke, das kann man doch als Mann auch einfach mal ausprobieren. Dieses Mindset, dass bestimmte Jobs für bestimmte Geschlechter sind, gibt es also überall. Aber Ich glaube, das wird besser. Ich beobachte, dass gerade in den nachfolgenden Generationen ein grundsätzlich anderes Mindset herrscht.

Hier bei K&K bin ich ja quasi schon mit der Nachfolgegeneration unterwegs. Und ich fühle mich da voll als Teammitglied integriert. Ich bin auch mit mehreren Frauen im Team, und da gibt es diese Vorurteile nicht. Abgesehen von dem Generationenaspekt glaube ich allerdings auch, dass das Framework Scrum einfach gut tut, weil man da weitgehend auf Hierarchien verzichtet. Es kann gar nicht passieren, dass „da oben“ nur Männer sitzen, da es ja gar kein „da oben“ gibt. Es gibt nur dieses „zusammen“.

Wie findest du es gerade in diesem Kontext, solche Interviews machen zu müssen?

Ich finde es ganz witzig, dass ich hier gelandet bin. Ich habe Freunde, denen sind diese Dinge sehr wichtig, während ich in der Richtung oft ein bisschen hemdsärmelig bin. Denen hab ich dann erzählt, dass ich dieses Interview mache, und dann haben sie sich sehr gefreut und gemeint: „Na endlich, hättest du viel früher machen sollen“, und so weiter. Und gerade im Nachgang erkenne ich da auch eine Nische, über die ich noch nie nachgedacht habe. Ich habe mich da jetzt auch richtig darauf gefreut.

Es ist natürlich schon verrückt, dass man das jetzt themtisieren muss, aber ich sehe das auch ganz stark als Chance. Ich sag es mal so: Es ist gar nicht so, dass es da nur Probleme und Rückstände gibt, über die man reden müsste, es muss auch jetzt darum gehen, Mut zu machen.

Ich möchte Frauen auch sagen: Ihr passt da voll hin. Gerade auch im Bereich IT, und sogar, wenn ihr damit normalerweise gar nicht so viel zu tun habt.

Ein Quereinsteig ist also gut möglich?

Klar, auch in der IT braucht man ganz viele verschiedene Kompetenzen, zum Beispiel die Buchhalter, oder eben die Scrum-Master. Jonas hat zum Beispiel Soziologie studiert – du kannst also aus ganz anderen Bereichen einsteigen, das ist gar kein Problem.

Das möchte ich auch den Leserinnen mitgeben: Einfach trauen! Da gibt es nichts, was im Weg steht. In der IT, und gerade hier bei K&K Software, wird Teamarbeit groß geschrieben und es ist so irrelevant, welchem Geschlecht man angehört. Ich habe auch das Gefühl, dass in der IT sehr offene Menschen arbeiten. Man könnte ja zum Beispiel auch über Altersdiskrimierung sprechen, auch das ist mir hier nicht passiert. Meine Message an alle Interessierten ist also: traut euch einfach!

 

Super, vielen Dank für das Interview!


Beitrag vom 19.02.2024

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